[Rezi] #5/2015 - Das Buch der verborgenen Wünsche
"Wenn du die Augen schließt, kannst du sie vielleicht noch sehen."
(1. Satz)
Persönliche Zusammenfassung:
Natashas Trauer ist groß: Ihre über
alles geliebte Großmutter ist gestorben und dabei war sie doch
jahrelang ihr größter Halt. Auf ihrem Weg nach Summercove, dem Ort
wo die Beerdigung stattfindet und wo sie ihre Sommer der Kiindheit
verbrachte, schwelgt sie in Erinnerungen. Doch dort angekommen, spürt
sie gleich wieder Neid und Hass aus den Poren ihrer Verwandten
triefen. Vor vielen Jahren starb die Schwester ihrer Mutter in
Summercove – mit gerade einmal fünfzehn Jahren. Nie wurde wirklich
darüber gesprochen, niemals erfuhr sie was damals wirklich geschah;
doch es scheint das die Familiengeheimnisse nach und nach auf den
Tisch kommen und dabei wird klar, dass manches Geheimnis unaufgedeckt
bleiben sollte...
Rezension/Meinung:
Familie ist etwas Besonderes und sehr
Wertvolles. Doch gibt es immer wieder Familien, die einen Berg
Geheimnisse mit sich tragen und so zu einer verschworenen,
schweigenden Gemeinschaft werden. So ist es auch bei Familie Kapoor.
Natasha ist die Enkelin Frances, die
als Malerin berühmt wurde und gemeinsam mit ihrem Mann auf
Sommercove immer große Partys gab. All das aber endete mit dem
tragischen Tod der Tochter Cecily. Mit gerade einmal fünfzehn Jahren
stürzte sie und schied ohne großes Tamtam aus dem Leben. Ihre
Schwester Miranda, aufmüpfig und immer auf Streit aus, wird seit da
an heimlich als Schuldige benannt. Nach dem Tod verschloss sich
Frances gegenüber der Welt und tat keinen Pinselstrich mehr. Nun
nach ihrem eigenen Tod, soll die Kunst wieder erweckt werden und
gleichzeitig werden die Anschuldigen gegenüber Miranda nicht mehr
hinter verschlossenen Türen gehalten.
Doch auch Natasha muss schnell merken,
dass ihre Mutter, die nur selten für sie da war, mehr Geheimnisse
umgeben, als die die sie scheinbar kalt an sich abprallen lässt.
Natasha selbst aber kämpft aktuell mit
eigenen Problemen, die sie sehr belasten. Nicht nur, dass ihre
Beziehung zerbricht, auch ihr Job und alles was daran hängt, scheint
in Schieflage zu geraten.
Sie versucht alles um wieder auf einen
grünen Zweig zu kommen, überwältigt von Trauer und Angst aus den
verschiedensten Richtungen, als ihr das Tagebuch von Cecily in die
Hände fällt. Diese paar Seiten üben auf Natasha einen Sog aus, dem
sie sich nicht entziehen kann und sie kommt den Familiengeheimnissen
immer näher. Aber ist es klug in so einer schweren Zeit an der
Familie zu zweifeln? Hin und her gerissen, entscheidet sie sich die
Wahrheit herauszufinden und erkennt bald, das die Wahrheit nur im
Auge des Betrachters liegt.
„Das Buch der verborgenen Wünsche“
ist nicht ganz die typische Familiengeschichte.
Denn diese sind meist erfüllt von
lustigen und glücklichen Beschreibungen schöner Kindheiten,
Abenteuern und Liebe.
Hier aber kristallisiert sich schnell
heraus, dass die Familie Kapoor alles andere als dieser liebevollen
Erwartung entspricht.
Wer also erwartet, dass das Glück hier
vorherrscht, sollte sich an diese Geschichte nicht wagen.
Das Buch ist in verschiedene Teile
gegliedert und beginnt, nach dem Prolog, mit der Erzählung aus Sicht
von Natasha, die gerade auf dem Weg zur Beerdigung ist. Kurz darauf
kann man den ersten Einblick in Cecilys Seele bekommen, der sich im
Verlauf des Buches wiederholt.
Mich hat etwas stutzig gemacht, dass im
Mittelteil plötzlich mit Blick auf die Kindheit von Cecily und
Miranda berichtigt wird, denn es passte irgendwie erst nicht ganz,
das plötzlich diese Zeitreise stattfindet, die nicht durch das
Tagebuch führt.
Gleichzeitig neben der Vergangenheit
wird viel über die aktuelle Lebensphase von Natasha berichtet und so
entwickeln sich zwei Geschichten gleichzeitig, die sich Seite um
Seite weiter verbinden und am Ende ein großes Ganzes ergeben. Die
zwei Geschichten entwickeln sich autark und kommen sich so nicht in
die Quere. Am Ende sind sie eins und machen die Vergangenheit und
Gegenwart zu einer aufregenden Wahrheit.
Durch diese zwei Ansätze erklären
sich auch die vielen Seiten, bei denen man sich anfangs fragt, wie
sie gefüllt werden sollen.
Doch diese Frage stellt man sich
schnell nicht mehr.
Überflüssiges ist kaum zu finden,
denn immer wieder findet sich eine neue Wendung ein. Lediglich der
Punkt mit Natashas Vater ist einer, den man schon erahnen kann, der
aber auch nicht unbedingt von Nöten gewesen wäre. Da hätte es mir
besser gefallen, wenn die Beziehung zu ihrer Mutter intensiver oder
einfach klarer definiert worden wäre.
Geschrieben ist die Geschichte locker
leicht, trotz des ernsten Themas. Auch wenn man immer wieder die
Schwere spüren kann, muss man doch nur tiefer einatmen, um sie
abzuschütteln.
Cecilys Beschreibungen sind so naiv
formuliert, wie die Lebensfragen, die sich Natasha stellt.
Ein Buch über verschiedene Lebenswege,
Wahrheiten und Lügen, Familien die sich nur schützen wollen und
Menschen, die mehr versuchen geheim zu halten als sie können.
Leider sind ein paar Personen der
großen Familie eher schwammig dargestellt und wenn man seine
Probleme mit vielen Protagonisten und ähnlichen Namen hat, könnte
es passieren, dass man hin und wieder versuchen muss diese
entsprechend einzusortieren.
Wer Familiengeschichten mag, die voller
Geheimnisse und verschiedenster Erlebnisse stecken, sollte diesen
Roman lesen. Aber auch wer die Hoffnung auf Liebe nicht aufgegeben
hat, findet gute Unterhaltung.
Die pure Begeisterung aber blieb bei
mir aus, auch wenn ich es gut fand, dass nicht alles direkt zu
erahnen war.
Gute Unterhaltung, interessante Story
mit kleinen Hängern.
Die Autorin:
Harriet Evans lebt in London und war Lektorin, bis sie selbst anfing,
Romane zu schreiben. Inzwischen zählt sie in England zu den ganz Großen
der Frauenunterhaltung.
Weitere Bücher (Auswahl):
- Der Garten der verbotenen Träume (2015)
- Das Glück in deinen Augen (2011)
- Die große Liebe ihres Lebens (2010)
Quelle: Cover von Amazon. Autorenbild von der Homepage der Autorin, copyright by Johnny Ring. Bild selbstgestaltet.
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