[Rezi] #5/2020 - Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

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Autor: Joel Dicker
Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
Originaltitel: La Vérité sur l'Affaire Harry Quebert

Genre: Roman
Verlag: Piper (München)
Erschienen: 01/2016 (8. Aufl.)
Seiten: 723
ISBN: 978-3-492-30550-1

"Polizeizentrale! Sie möchten einen Notfall melden?."
(1. Satz)

Klappentext:
Es ist der Aufmacher jeder Nachrichtensendung. Im Garten des hochangesehenen Schriftstellers Harry Quebert wurde eine Leiche entdeckt. Und in einer Ledertasche direkt daneben: das Originalmanuskript des Romans, mit dem er berühmt wurde. Als sich herausstellt, dass es sich bei der Leiche um die sterblichen Überreste der vor 33 Jahren verschollenen Nola handelt und Quebert auch noch zugibt, ein Verhältnis mit ihr gehabt zu haben, ist der Skandal perfekt. Quebert wird verhaftet und des Mordes angeklagt. Der einzige, der noch zu ihm hält, ist sein ehemaliger Schüler und Freund Marcus Goldman, inzwischen selbst ein erfolgreicher Schriftsteller. Überzeugt von der Unschuld seines Mentors - und auf der Suche nach einer Inspiration für seinen nächsten Roman - fährt Goldman nach Aurora und beginnt auf eigene Faust im Fall Nola zu ermitteln...
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Rezension/Meinung:
Es gibt Bücher, die liest man und danach kann man sich nur noch schemenhaft an sie erinnern, da der Inhalt nichts in einem ausgelöst hat. Und dann gibt es Bücher, die man beendet und die noch tage– oder gar wochenlang in einem rumoren. Deren Szenarien man immer wieder im Kopf abspielt und die viele Fragen aufwerfen.

Ein Buch der zweiten Kategorie ist für mich dieses.

„Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ begegnete mir eher zufällig, als Werbung für die Serienverfilmung, die ich sehr interessant fand. Als Leserin aber war direkt klar, dass ich natürlich erst das Buch lesen muss.
Und so bin ich in Aurora gelandet. Einem kleinen Städtchen, das der Autor Joel Dicker, gar nicht so detailgenau beschreiben muss, das aber dennoch schnell und detailreich vor dem inneren Auge erbaut wird.

Zunächst war ich mir nicht sicher, was dieses Buch mit dem Leser versucht, denn hat man nicht schon oft von Liebeleien zwischen Menschen gelesen, die ihres Alters wegen (in den Augen mancher Gesellschaften) gar nicht zusammen sein dürften? Und enden diese Lieben nicht auch oft in einem Drama? Doch da der Autor sich nicht nur auf diese Geschichte bezieht, sondern noch weitere Kreise in seiner Erzählung beschreibt und dies mit einem Buch im Buch unterstreicht, war ich schnell an die Seiten gefesselt.
Auch wenn ich oft früh Verbindungen ziehen kann und erkenne, wer an welcher Strippe zieht, fiel mir dies hier auch recht schwer. Kein Leser weiß bis zur letzten Seite, was wirklich mit Nola passiert ist und wie das Leben mit den einzelnen Figuren spielt. Egal ob in der Gegenwart oder in der Vergangenheit. Denn dieses Buch wandelt in den Zeiten, um aus zwei verschiedenen Geschichten ein großes Ganzes zu machen. Das Buch gibt sich nicht damit zufrieden die offensichtlichen Fragen zu stellen, sondern hinterfragt selbst die kleinsten Details und reizt den Leser so, Seite um Seite weiterzulesen.

Es gibt viel zu entdecken: Schön gezeichnete Figuren, die ihrer Sehnsucht gleichzeitig Einhalt gebieten und die sie doch nicht ganz unter den Teppich kehren können; kleine psychologische Spielchen; Gemeinschaften die nach und nach zerbröckeln und einen Ort, den man bei jeder Reise durchqueren könnte.

Der Autor hat sich mit dem Buch viel Zeit genommen, dem Leser immer wieder neue Perspektiven darzulegen. Einfühlsam und manchmal viel zu realistisch beschreibt er das Heranwachsen eines Mädchens, das Leben eines einsamen Mannes und der Aufdeckung vieler Geheimnisse und Lügen.

Leser, die es verzwickt mögen, die auch in mehreren Zeiten parallel verbringen können und die eine spannende und bedrückende Geschichte suchen, werden mit Harry Quebert, Marcus Goldman und Nola genau die richtige Geschichte für sich entdecken. Und wer sich dann noch selbst ein bisschen für die Schreiberei interessiert, wird mit kleinen Tipps belohnt, die sicherlich nicht nur einfach so niedergeschrieben wurden.

Fazit:
Ein  tolles Buch, das nicht nur auf Grund der vielen Seiten etwas im Leser weckt und immer wieder an die Oberfläche dringt. Eine Geschichte, wie sie sicherlich schon jeder einmal in Ansätzen gehört hat, das aber noch viel mehr aufdeckt, als man auf den ersten Seiten erwartet. Beeindruckend und radikal, mitfühlend und so komplex, dass es noch lange in einem nachhallt.


Der Autor:
Joël Dicker wurde 1985 in Genf geboren. Seine Bücher „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ und „Die Geschichte der Baltimores“ wurden weltweite Bestseller und über sechs Millionen Mal verkauft. Für „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“, das in Frankreich zur literarischen Sensation des Jahres 2012 wurde und dessen Übersetzungsrechte mittlerweile schon in über 30 Sprachen verkauft wurden, erhielt Dicker den Grand Prix du Roman der Académie Française sowie den Prix Goncourt des Lycéens.

Weitere Titel:

Quelle: Cover von der Verlagshomepage, Foto des Autors von seiner Homepage.

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