[Rezi] #10/2018 - Winklers Traum vom Wasser
Autor: Anthony Doerr
Titel: Winklers Traum vom Wasser
Originaltitel: About Grace
Genre: Roman
Verlag: C.H.Beck (München)
Erschienen: 07/2016
Seiten: 488
ISBN: 978-3-406-69161-4
Titel: Winklers Traum vom Wasser
Originaltitel: About Grace
Genre: Roman
Verlag: C.H.Beck (München)
Erschienen: 07/2016
Seiten: 488
ISBN: 978-3-406-69161-4
"Er bahnte sich einen Weg durch das Gewühl und blieb bei
einem hohen Fenster stehen, um einem Mann zuzuschauen, der
draußen mit zwei orangefarbenen Stöcken einen Jet in Halteposition dirigierte."
(1. Satz)
Persönliche Zusammenfassung:
David Winkler ist ein Mann, der sich selbst ins Aus befördert
hat: Eine Vorahnung hat ihn dazu gebracht seine Familie hinter sich und sich
treiben zu lassen. Gelandet ist er auf einer Insel, weit entfernt von Anchorage,
Alaska. So weit entfernt von seiner kleinen Tochter, deren Tod er gesehen hat. Winkler
wird Hausmeister in einem Hotel, das er mit aufbaut, findet Freunde und gibt
sich mit dem kleinen Leben zufrieden. Doch quält ihn auch Jahre nach seinem
wortlosen Verschwinden eine Frage: Ist seine Tochter Grace noch am leben?
Rezension/Meinung:
Schon immer hat Winkler ein leises Gespür für Dinge, die
geschehen werden. Als kleiner Junge erträumt er den Tod eines Mannes auf der
Straße und muss das Szenario dann wirklich mit ansehen. Verwirrt muss er
erkennen, dass seine Träume zur Realität werden. Mit den Jahren lernt er, dass
er die Geschehnisse nicht lange vorher voraussagen kann, auch wenn ihm die Träume
jahrelang begegnen. Erst kurz bevor die Situation eintritt, kann er die
Verbindung ziehen.
So passiert es auch wieder bei Sandy: Die Frau, die seine große
Liebe wird. Immer wieder sieht er sie in seinen Träumen, bis er ihr wirklich in
dem erträumten Laden gegenüber steht. Auch wenn sie verheiratet ist, kann er
nicht von ihr lassen und in einer stillen Nacht machen die beiden sich auf und
davon. Sandy schwanger und an Winklers Seite – ein Traum. Der Traum aber wird
immer mehr zum Albtraum, denn er träumt plötzlich immer wieder davon, wie seine
kleine Tochter bei einem Hochwasser ertrinkt. Als das Hochwasser wirklich ihre Straße
erreicht kann er nicht anders und verschwindet.
Er lässt die beiden hinter sich, fährt ohne Plan durch die
Orte und landet irgendwann auf einem Schiff, das ihn in warme Gefilde bringt.
Die nächsten 25 Jahre versteckt er sich dort. Ob Grace noch lebt, weiß er
nicht, denn das einzige was er je von Sandy las, war ein Brief, in dem sie ihm
schrieb, dass er für sie gestorben sei.
Erst nach all diesen Jahren erkennt er, dass er all seinen
Mut zusammen nehmen und zurück kehren muss. Doch ohne Anhaltspunkt begibt er
sich auf eine verzweifelte Suche nach einer Tochter, von der er nicht einmal
weiß wie sie mit Nachnamen heißen könnte. Auf seinem Weg begegnet er alten
Weggefährten und alten Träumen…
„Winklers Traum vom Wasser“ machte mich auf Grund des
Klappentextes neugierig. Es schien eine spannende Geschichte mit einem Hauch Mystery.
So begegnet man einem Jungen, der Schneeflocken liebt und in ihnen einen solch
großen Sinn sucht, dass er sie zu seinem Beruf macht. Seine erste Vorahnung
wird zur Wahrheit und man verfolgt wie er mit diesen Träumen erwachsen wird und
sein Leben bestreitet.
Lange konnte ich der Geschichte gut folgen und das gerne. Auch
wenn sich der Autor oft in Szenarien verliert und diese sehr weit ausschmückt,
ist dies lange so beschrieben, dass man dennoch am Ball bleiben will. Immerhin
möchte man als Leser ja ebenfalls wissen, was den Hauptprotagonisten dazu
bewegt endlich wieder seinen Weg zurück zu finden und seiner Vergangenheit zu
stellen. Als dann aber der Rückweg mit einem langen Umweg verbunden ist und man
mitsamt Winkler und einer Freundin im tiefsten Winter abgeschnitten in den Bergen
landet, war bei mir leider nach einigen Seiten die Luft raus. Der Autor
verfängt sich dort selbst im Schnee, was sicherlich gleichbedeutend mit der
Angst des Protagonisten sein soll, der sich erneut versteckt. Für mich aber war
es leider nicht ansprechend diesen Beschreibungen zu folgen und hätte mich
nicht die Neugier getrieben zu erfahren was nun wirklich passiert ist, hätte
ich das Buch längst zur Seite gelegt.
Dennoch hat mich dieses Schneegestöber so sehr beeinflusst,
dass mich eine Unruhe erfasst hat und ich eigentlich nur auf das Ende wartete.
Der Autor hat eine klare Wortwahl getroffen und beschreibt
die Erlebnisse sehr einfühlsam und so klar, dass man jede Szene klar vor Augen
hat. Die anfänglichen Wiederholungen waren auch völlig passend und trieben so
die Geschichte in ihrem eigenen Tempo voran.
Das sich die Geschichte dann so verliert, fand ich sehr schade.
Sicherlich ist es eine interessante Zwischenstation für Leser, die sich für Schnee
und Insekten interessieren, aber sonst leider zu langwierig.
Ein Buch, dass hundert Seiten weniger gut vertragen hätte,
aber abgesehen davon eine Geschichte enthält, die die Kraft der Familie – auch über
Kontinente und Jahre hinweg – klar darlegt und einen Mann auf einer Reise nach sich
selbst begleitet und ihm dabei beim Altern zusehen lässt.
Der Autor:
Anthony Doerr, 1973 in Cleveland geboren, lebt mit seiner Frau und zwei
Söhnen in Boise, Idaho. Neben Erzählungsbänden wie "Der
Muschelsammler" (2007) veröffentlichte Doerr die Romane "Winklers Traum
vom Wasser" (2016) und "Alles Licht, das wir nicht sehen" (2016), für
den er den Pulitzer Prize erhielt. 2016 erschien auf Deutsch
seine Novelle "Memory Wall". Für seine Erzählungen hat Doerr bislang
vier Mal den renommierten O. Henry Prize erhalten, neben vielen anderen Auszeichnungen erhielt er auch drei Mal den Pushcart Prize.
Weitere Bücher:
Quelle: Bilder und Vita von der Verlagshomepage.
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