[Rezi] Mitternachtsmädchen

Autor: Tanja Wekwerth
Titel: Mitternachtsmädchen
Genre: Roman
Verlag: Knaur (München)
Erscheinungsjahr: 2009
Seiten: 395 S.
ISBN: 978-3-426-66391-2

"Ein Mädchen ging über den Strand, weiter hinaus als jemals zuvor, um aus dem Blickfeld der anderen, der Ballspieler, Sonnenbadenden und Muschelsammler, zu gelangen."
(1. Satz)

Persönliche Zusammenfassung:
April und May, zwei Mädchen, die sich nie kennen lernen durften. Zwei Mädchen die ein ganzer Monat trennt, aber die doch Zwillingsschwestern sind. Früh hat ihnen das Schicksal einen Streich gespielt und ihre Wege von der Wiege an getrennt. 
Beide wachsen sie getrennt und in völlig verschiedenen Welten auf. Nur May erfährt, dass sie eine Schwester hat und versucht sie lange zu finden. April dagegen erfasst immer wieder eine unbeschreibliche Sehnsucht nach etwas, das sie nicht benennen kann. Werden sie noch einmal zusammen finden?

Rezension/Meinung:
Eine Geschichte die Herzen trennt und wieder zusammenführt, berührt und klar beschreibt, wie ähnlich sich Menschen sein können, die sich niemals begegnet sind.

"Mitternachtsmädchen" beginnt mit einem Prolog, der gleich neugierig macht. Es ist ein wahrer Cliffhanger, denn sobald die Geschichte in den ersten Teil wechselt weiß man nicht wer dieses Mädchen ist und wer diese nun beschriebene Molly ist.
Der Hauptort der Geschichte ist das "Old Inn" ein Hotel an der englischen Küste, in dem sich die wichtigsten Ereignisse der Geschichte vollziehen.
Hier trifft der Leser erst einmal auf Molly, die ihr Leben dort verbringt und nur wenigen Freuden etwas aberkennen kann. Sie fühlt sich wohl in ihrer Einsamkeit und ist entsetzt als sie mitbekommt, als einer der Gäste seine junge Frau sitzen lässt. Mary ist schwanger und bis zur Geburt der Kinder teilt sie ihre Zeit mit Molly. Doch will sie diese Kinder nicht, hat andere Pläne für ihr Leben und sieht keinen anderen Weg als neue Eltern für sie zu finden. 
So kommt es das ein deutsches Paar eines der Mädchen mitnimmt, das andere bleibt im Old Inn.
Fortan erzählt Tanja Wekwerth die Geschichte der beiden Mädchen im regelmäßigen Wechsel. Beide wachsen ganz unterschiedlich auf, entwickelt sich aber ähnlich und haben die selben Leidenschaften.
Immer wieder versuchen beide die Wahrheit über ihre Leben zu erfahren, doch jedes Mal bevor sie kurz vor einem Schritt stehen, der sie näher an die Wahrheit bringen würde halten Ereignisse sie davon ab und es ist fraglich ob die beiden sich jemals begegnen werden. Erst ein trauriges Erlebnis, das man schon etwas erahnen kann, bringt Orte und Menschen zusammen.

Die Autorin erschafft hier eine Geschichte, wie sie um die 1920er oft passiert ist. Heimlich wurden Kinder geboren um die Schande zu vertuschen und oft haben sich in dieser Zeit Familien verloren.
Das hier die beiden Geschwister fast ganze Welten trennen, macht die Geschichte natürlich noch um einiges interessanter. Denn beide wachsen so unterschiedlich auf und haben doch so viele Gemeinsamkeiten. Davon geht man ja auch oft aus, wenn es sich um eineiige Zwillinge handelt.

Der Schreibstil ist teilweise an die damalige Zeit angepasst in der Wortwahl, aber so dass es nicht zu gehoben oder ungemütlich wirkt und man der Geschichte gerne und leicht folgt. 
Die Autorin entführt die Leser in die verschiedensten Länder der Welt und bringt die Eigenschaften und Lebensarten der Menschen vor Ort klar hervor.
Sie spielt mit den verschiedenen Sprachen und macht klar, dass trotz all der Umzüge und Entfernungen zwischen den Schwestern immer eine Verbindung bleibt. Beschreibungen von Orten und Situationen sind so klar umrissen, dass man sie fast vor Augen zu haben scheint.
Auch der 2. Weltkrieg wird nicht ausgelassen. Denn ebenfalls wie durch die Länder reist man durch die Zeit. Ereignisse werden hervorgehoben und lassen eine Zeitspanne entstehen.

Die Geschichte umfasst zudem auch viele Leben, denn die Menschen denen man begegnet werden nicht nur kurz beschrieben und man hört so niemals wieder etwas von ihnen. Hier erfährt man von jedem was mit ihm geschehen ist, bzw. wie das Leben oder Tod von statten ging.

Ein Roman voller Gefühle, Sehnsüchte und Ängste. Geschrieben so klar und rein in den Worten, dass kaum Fragen aufkommen. Eine Geschichte die so nah an der Realität liegt, dass das Atmen teilweise den Hauch von Meergeruch in die Nase steigen lässt.

Vielen Dank für das Exemplar an Tanja Wekwerth und Lovelybooks.

Cover/Titel:
"Mitternachtsmädchen" als Titel wird in der Geschichte erklärt und ist somit passend. Auch die Frau auf dem Cover selbst entspricht den Beschreibungen der Mädchen und das dort nur eine Frau steht ist ein Symbol für die Geschichte. Die Farben sind sehr stimmig und erschlagen somit auch nicht.

Die Autorin:
Tanja Wekwerth wurde 1969 in Berlin geboren. In Paris studierte sie Sprachen, arbeitete in verschiedenen Berufen (u.a. Übersetzerin, Model, Stewardess) und schrieb 1999 ihren ersten Roman "Emma über den Wolken".  Neben dem Schreiben ist die Fotografie Tanja Wekwerths große Leidenschaft. Sie ist Mitglied der Autorinnenvereinigung.
Homepage der Autorin: http://www.tanjawekwerth.com/

Weitere Bücher:
  • Ein Hummer macht noch keinen Sommer (2013)
  • Esthers Garten (2006)
  • Das Haus der Hebamme (2004)
Quelle: Bilder und Vita von Amazon.

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