[Rezi] #11/2015 - Als Gott ein Kaninchen war


"Mein Leben lässt sich in zwei Hälften unterteilen, nicht wirklich im Sinne eines Vorher und Nachher, sondern eher zwei Buchdeckeln gleich, die Jahre leerer Grübeleien zusammenhalten, Jahre einer späten Jugendlichen in ihren Zwanzigern, der der Mantel des Erwachsenseins einfach nicht passen will."
(1. Satz)
 
Persönliche Zusammenfassung:
Ell ist von klein auf eine Einzelgängerin. In den Schulpausen sitzt sie alleine und redet kaum mit jemandem. Erst als Jenny Penny ihre Welt betritt, verändert sich das stille Mädchen. Diese besondere Freundschaft hält über Jahre, bis plötzlich alles auseinander driftet. Elly und ihre Familie ziehen weg und auch wenn die Freundschaft noch feine Fäden spinnt, reißen sie doch auf überraschende Weise. Ells letzter Halt ist ihr Bruder Joe, der aber einen anderen Lebensweg einschlägt. Während die Jahre dahin ziehen wird deutlich, dass jeder Mensch sich anders entwickelt, aber auch alte Verbindungen manchmal wieder wie Magnete zueinander finden.
 
Rezension/Meinung:
Auch wenn im Titel das Wort „Gott“ enthalten ist, hat dieser nur wenig mit der Geschichte zu tun. Zwar ist Gott zeitweise ein Kaninchen und ein wichtiger Punkt in dieser Erzählung, Hauptprotagonistin ist aber Elly. Eigenbrötlerisch, in ihrer eigenen Welt, blüht sie erst auf als eine neue Mitschülerin in die Schule kommt. Jenny Penny ist anders, sieht die Welt in den buntesten Farben auch wenn sie nur grau ist und hat ein großes Problem mit ihren chaotischen Haaren. 
Die beiden erleben viel miteinander und Ell ist es, die das trübe Leben von Jenny Penny, deren Mutter immer an die falschen Männer gerät, etwas auffrischt. 
Neben Jenny Penny ist der wichtigste Mensch in Ells Leben ihr Bruder. Auch er eher ein Außenseiter, denn schon früh, in Zeiten in denen so etwas verpönt ist, weiß er, dass seine Liebe dem gleichen Geschlecht gehört. So dringt Charlie zwischen die beiden Geschwister und stellt Ellys Welt weiter auf den Kopf. Doch sie wächst damit heran und auch wenn Charlie mehr für sie ist, steht sie der Liebe nicht im Weg. 
Plötzlicher Reichtum lässt die Familie ihre Zelte abbrechen und sie ziehen in ein kleines Städtchen am Meer. Daran zerbrechen Freundschaften, aber genauso entstehen neue und die beiden Geschwister werden erwachsen und gehen ihre eigenen Wege. Doch nicht unbedingt jeder wie gewünscht. Denn es dauert Jahre bis Elly Jenny Penny wieder findet, die eines Tages einfach verschwand. Doch diese ist nicht mehr das unschuldige Mädchen von damals. Nur Elly scheint noch immer in ihrer Welt gefangen...

"Das Feuer spuckte winzige glühende Aschepartikelchen auf den Rand des Ofens, wo sie verglühten wie sterbende Sterne."
(Seite 217, Absatz 2, Satz 1)

Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Leben von Elly, gekoppelt ist dies aber an die Jahre die vorbeiziehen und an bestimmte Ereignisse die auch in den Geschichtsbüchern verankert sind. 
Man verfolgt wie ein kleines Mädchen den Weg zur Erwachsenen begeht und sich am Ende doch kaum zu verändern scheint. 
Auf Grund des Titels wartet man auf die Verbindung zu Gott, welches sich aber nur in minimalen Ansätzen zeigt und somit nicht dafür sorgt, dass man sich in einer religiösen Diskussion befindet. Ganz im Gegenteil, denn einige Szenen sind offenherzig und für denjenigen der das Buch nach dem Titel gewählt hat, vielleicht kurzzeitig zu intensiv. 
Geschrieben ist das Buch so, dass man sich so immer gut in die jeweiligen Lebensabschnitte denken und fühlen kann. Mit Blick auf die Kindheit, ist auch das geschriebene unbedarft und naiv, auch wenn nicht alles positiv in dieser Zeit ist. Gleichzeitig aber erkennt man, dass Kinder nicht erkennen können, was Gefahr bedeutet. Im weiteren Verlauf verändert sich auch die Schreibart und man liest die Worte einer jungen Frau. Diese aber scheint selbst noch nicht zu wissen wo sie ihr Weg hinführen soll. 

Neben dem doch oft ernsten Abschnitten der Geschichte, gibt es aber auch urige Figuren die eingeflochten wurden und die teils depressive Stimmung mit ihrer Forschheit und Lebensfreude auflockern. Wer als Leser keine Nähe zu Elly aufbauen kann, findet sich dafür mit diesen Personen im Einklang. 

Zum Ende hin stürzt die Stimmung der Geschichte sehr weit ab, was verständlicherweise am Erzählten liegt. Hier war für mich der Punkt, an dem ich dachte, dass dieses Buch doch erst ab einem bestimmten Alter zu lesen passend ist, da die Themen immer ernster werden. 
Wo ich zeitweise gut gefesselt wurde von der Erzählweise, verlor mich das Buch aber kurz vor Schluss, denn ab da wirkte alles etwas abgehackt.  
Dadurch das noch mal ein früher angesprochenes Thema abgeschlossen wird und keine großen Fragen für den Leser offen bleiben, konnte mich das aber noch zufrieden stellen. 

Eine Geschichte die Leichtigkeit vermuten lässt, aber Schwere mit sich bringt. Keine allzu leichte Kost, mit Themen die jedermann ansprechen. Gleichzeitig ein Buch das mancher Leute Vorurteile ignoriert und einige Themen klar und als selbstverständlich anerkennt. 


Buchtrailer:


Die Autorin:
Sarah Winman ist in der Grafschaft Essex aufgewachsen und lebt heute in London. Hauptberuflich ist sie Schauspielerin. Nach ihrer Ausbildung trat sie vornehmlich im Theater auf, spielte jedoch auch in zahlreichen Filmen und Fernsehproduktionen mit. Als Gott ein Kaninchen war ist ihr erster Roman. 

Weitere Bücher:
(bisher keine weiteren Veröffentlichungen)



Quelle: Postbild selbst gestaltet, Cover von der Verlagshomepage, Bild der Autorin copyright by Patricia Niven.

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